Warum zeigt die Mondsichel in die „falsche“ Richtung?
Verfasst: 18.06.2013, 22:00
Weil ich gefragt wurde, warum die Mondsichel nicht zur Sonne zeigt:
Nehmen wir an, es ist ein schöner Sommerabend und wir betrachten den Sonnenuntergang:
Uff. Die Mondsichel zeigt in die falsche Richtung!
Um zu begreifen, warum, müssen wir erstmal sehen, aus welcher Richtung die Sonne scheint. Normalerweise steht sie, wenn die Leute sich wundern, nämlich noch deutlich über dem Horizont. Rein exemplarisch nehmen wir hier mal 10° an:
Da werden jetzt die ersten Leute widersprechen – die Sonne sei längst untergegangen. Damit haben sie aber meistens unrecht, denn wenn man nicht gerade am Meer oder auf einem Berg sitzt, kann man den Horizont überhaupt nicht erkennen, weil die Objekte um einen herum aus dem Boden rausragen (das haben Städte und Wälder oft an sich):
Noch schneller täuscht man sich, wenn es trübe ist (wie hier in den letzten Tagen). Es wird dunkel; man denkt, dass die Sonne untergegangen ist – aber eigentlich steht sie noch ein paar Grad über dem Horizont hinter einem tiefblauen Dunstschleier.
Das ist der erste Punkt, in dem uns unsere Wahrnehmung einen Streich spielt.
Wiedemauchsei – wir haben uns jetzt darauf geeinigt, dass die Sonne im Winkel von 10 ° auf den Betrachter scheint. Das vereinfachen wir jetzt ganz salopp zu „Die Sonne scheint 10 ° von oben!“:
Da sie von oben scheint: wie sieht die Erdkugel, auf der wir stehen, in diesem Moment aus? Überraschung:
Hier ist nun die zweite Stelle, wo uns unsere Wahrnehmung täuscht: Wir haben kein Empfinden dafür, wie weit Sonne und Mond von uns weg sind. So große Entfernungen können wir schlecht schätzen; und schließlich sehen beide gleich groß aus! Darum formen wir im Kopf das Bild, dass die Sonne unter dem Mond stünde und der Mond deshalb von unten beleuchtet werden müsse:
Das ist ein gewaltiger Irrtum! Tatsächlich sind die Größenverhältnisse nämlich anders. Der Mond ist zwar in der Nähe der Erde, die Sonne ist aber weit weg. Sehr weit weg. So weit weg, dass das Licht im Schnitt acht Minuten reisen muss, um uns zu erreichen: Einhundertfünfzigmillionen Kilometer.
Wie die Sterne nachts: Wenn man ein paar Schritte nach links oder rechts geht, verschieben sich die Sterne nicht gegeneinander, wie es aus dem Alltag gewohnte Objekte wie Häuser tun. Sie bleiben starr am Himmel. Egal, wie weit man läuft – sie wechseln niemals die Position. Der Knackpunkt ist, dass man sogar zum Mond laufen könnte, und die Sonne würde von dort scheinbar immernoch an der selben Stelle stehen wie von der Erde aus*. Darum erreicht das Sonnenlicht Erde und Mond quasi parallel:
Und da sehen wir: Wir stehen auf der Spitze der Erde; und wenn es bei uns noch hell ist, muss es auf der Spitze des Mondes auch noch hell sein. Egal, wo er gerade steht. Die Mondsichel zeigt tatsächlich zur Sonne. Obwohl das intuitiv anders aussieht.
* Rein geometrisch wäre natürlich ein Unterschied da, aber der ist ohne technische Hilfsmittel schlicht nicht nachweisbar.
Nehmen wir an, es ist ein schöner Sommerabend und wir betrachten den Sonnenuntergang:
Uff. Die Mondsichel zeigt in die falsche Richtung!
Um zu begreifen, warum, müssen wir erstmal sehen, aus welcher Richtung die Sonne scheint. Normalerweise steht sie, wenn die Leute sich wundern, nämlich noch deutlich über dem Horizont. Rein exemplarisch nehmen wir hier mal 10° an:
Da werden jetzt die ersten Leute widersprechen – die Sonne sei längst untergegangen. Damit haben sie aber meistens unrecht, denn wenn man nicht gerade am Meer oder auf einem Berg sitzt, kann man den Horizont überhaupt nicht erkennen, weil die Objekte um einen herum aus dem Boden rausragen (das haben Städte und Wälder oft an sich):
Noch schneller täuscht man sich, wenn es trübe ist (wie hier in den letzten Tagen). Es wird dunkel; man denkt, dass die Sonne untergegangen ist – aber eigentlich steht sie noch ein paar Grad über dem Horizont hinter einem tiefblauen Dunstschleier.
Das ist der erste Punkt, in dem uns unsere Wahrnehmung einen Streich spielt.
Wiedemauchsei – wir haben uns jetzt darauf geeinigt, dass die Sonne im Winkel von 10 ° auf den Betrachter scheint. Das vereinfachen wir jetzt ganz salopp zu „Die Sonne scheint 10 ° von oben!“:
Da sie von oben scheint: wie sieht die Erdkugel, auf der wir stehen, in diesem Moment aus? Überraschung:
Hier ist nun die zweite Stelle, wo uns unsere Wahrnehmung täuscht: Wir haben kein Empfinden dafür, wie weit Sonne und Mond von uns weg sind. So große Entfernungen können wir schlecht schätzen; und schließlich sehen beide gleich groß aus! Darum formen wir im Kopf das Bild, dass die Sonne unter dem Mond stünde und der Mond deshalb von unten beleuchtet werden müsse:
Das ist ein gewaltiger Irrtum! Tatsächlich sind die Größenverhältnisse nämlich anders. Der Mond ist zwar in der Nähe der Erde, die Sonne ist aber weit weg. Sehr weit weg. So weit weg, dass das Licht im Schnitt acht Minuten reisen muss, um uns zu erreichen: Einhundertfünfzigmillionen Kilometer.
Wie die Sterne nachts: Wenn man ein paar Schritte nach links oder rechts geht, verschieben sich die Sterne nicht gegeneinander, wie es aus dem Alltag gewohnte Objekte wie Häuser tun. Sie bleiben starr am Himmel. Egal, wie weit man läuft – sie wechseln niemals die Position. Der Knackpunkt ist, dass man sogar zum Mond laufen könnte, und die Sonne würde von dort scheinbar immernoch an der selben Stelle stehen wie von der Erde aus*. Darum erreicht das Sonnenlicht Erde und Mond quasi parallel:
Und da sehen wir: Wir stehen auf der Spitze der Erde; und wenn es bei uns noch hell ist, muss es auf der Spitze des Mondes auch noch hell sein. Egal, wo er gerade steht. Die Mondsichel zeigt tatsächlich zur Sonne. Obwohl das intuitiv anders aussieht.
* Rein geometrisch wäre natürlich ein Unterschied da, aber der ist ohne technische Hilfsmittel schlicht nicht nachweisbar.