Space Sim - wie real ist noch gut?

Grafik, Musik, Sound, Spieledesign, Spielmechanik, Story Writing und sonstiger kreativer Kram, der nichts mit Programmieren zu tun hat.
Antworten
joeydee
Establishment
Beiträge: 1044
Registriert: 23.04.2003, 15:29
Kontaktdaten:

Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von joeydee »

Ich mache mir gerade Gedanken, wieviel Realität einem SpacesSim-Game noch guttut. Am meisten beschäftigen mich im Moment Größen, Entfernungen und dazu passende Reisegeschwindigkeiten innerhalb einer Planetenumgebung.

Ein Beispiel:
Ein Planet wie die Erde hat einen Durchmesser von ca. 12000km. Eine Raumstation wie die ISS fliegt in einer Höhe von 380km, was im Verhältnis (optisch) noch extrem nah ist (4mm über einer 12cm-Kugel). Um aber in wenigen Spielsekunden auf diese Höhe zu kommen (Erdanziehung, Atmosphäre, realistischer Beschleunigungs-/Bremsvorgang, sinnvolle Flugbahn sowie Eigengeschwindigkeiten außen vor gelassen, also reine Geschwindigkeit über die direkte Strecke) braucht man schon etwas um die Mach 25 (ungefähre Geschwindigkeit des Space Shuttle beim Wiedereintritt), damit die Reise nicht langatmig wird. Zum Vergleich: gewöhnliche Überschallflugzeuge fliegen Mach 2-3. Klar dass bei dieser Geschwindigkeit (Mach 25) die etwa 100m große ISS wie eine Streichholzschachtel auf der Autobahn wirkt, während aber das Verlassen des Orbits, bis der Planet nicht mehr den gesamten Sichtbereich ausfüllt, geschweige denn ein Besuch auf dem "nahen" Mond (1000x weiter weg als die ISS), zeitlich nicht mehr zumutbar sind.
Zu Ungunsten realer Reisezeiten kommt noch der Effekt, dass schon wenige Spielminuten zu gefühlten Stunden werden, wenn man nichts macht außer warten.

Was also tun mit der maximalen Reisegeschwindigkeit für ein interessantes Spiel?
Ist diese zu langsam (bzw. beschleunigt man zu langsam auf sehr hohe Geschwindigkeiten) hat man ewige Wartezeiten selbst bei gefühlt nahen Zielen (Erdoberfläche -> ISS). Ist man zu schnell, entkommt jeder jedem Luftkampf praktisch in Millisekunden, bzw. zielen müsste man über dutzende von Kilometern auf einzelne Bildschirmpixel für Strukturen um die 100m Größe, was ja schon deutlich größer ist als ein Ein-Mann-Jäger.

Welche Ideen und Fakes haben sich denn bisher bei diesem Thema bewährt? Was fällt euch dazu ein, was würde ein Spieler in diesem Zusammenhang wohl gerne erleben?
Benutzeravatar
Schrompf
Moderator
Beiträge: 4854
Registriert: 25.02.2009, 23:44
Benutzertext: Lernt nur selten dazu
Echter Name: Thomas Ziegenhagen
Wohnort: Dresden
Kontaktdaten:

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von Schrompf »

Ich finde, Du hast da sehr gut hergeleitet, warum Realismus in Computerspielen nicht wünschenswert ist. Es gibt immer wieder Leute, die nach mehr Realismus schreien, aber man tut gut daran, sie mit ein paar höflichen Floskeln zu bedenken und sie ansonsten zu ignorieren.

Die mir bekannten Weltraum-Spiele haben einfach einen gemeinsamen, eng begrenzten Raum definiert, in dem alles passiert, und alle anderen Weltraumelemente wie Planeten, Sterne usw. als unendlich fern angenommen. Die "echten" Weltraum-Simulationen wie Infinity, Outerra usw. sind nach meinem Wissen eh eher Technik-Pornos als wirkliche Spiele. Außer einer kräftigen Zeitbeschleunigung fällt mir da nix ein, womit man das weniger langweilig gestalten könnte. Und wenn sich zwei Feinde begegnen, sind die Geschwindigkeiten relativ zueinander eh so absurd, dass es nicht zu nennenswerten Interaktionen kommt.

Das selige Elite II hat das damals so gelöst, dass in gefährdeten Systemen Feinde einfach passend erzeugt worden. Eben flog man noch mit Zeitbeschleunigung und Autopilot zum dritten Planeten, plötzlich gibt es ein Geräusch, das Spiel fällt zurück auf Echtzeit und ein Gegner erscheint in der Nähe, der auf das Millionstel genau die passende Geschwindigkeit hat, so dass er länger als ein paar Millisekunden in Spielernähe bleibt und es zu Schusswechseln kommen kann.

Ich halte es für albern, überhaupt Realismus anzustreben.
Früher mal Dreamworlds. Früher mal Open Asset Import Library. Heutzutage nur noch so rumwursteln.
joeydee
Establishment
Beiträge: 1044
Registriert: 23.04.2003, 15:29
Kontaktdaten:

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von joeydee »

Gut, das mit den Eigengeschwindigkeiten muss man sowieso faken, sonst rennt man da in 1000 weitere Probleme :-D Ich tendiere sowieso dazu, dass man NPCs überwiegend in unmittelbarer Nähe von kleineren POIs wie Stationen trifft, nicht zufällig irgendwo im Raum drumherum.

Wo auch keinesfalls Realität angestrebt wird wäre u.a. Bewegung im luftleeren Raum, Belichtung (Gruß an Krishty ;-)) und Sound (obwohl - da kann man im All viel an Soundcontent sparen ;-)).
Ich denke auch, dass in vielen Spielen viel zu kleine Planeten (wenn sie überhaupt direkter Bestandteil des Spiels sind) und viel zu kurze Entfernungen benutzt werden.

Zeitraffer solange es nicht zu anderen Interaktionen kommt ist natürlich auch eine Möglichkeit, daran hatte ich gar nicht mehr gedacht. Oder man macht es nach dem Prinzip der Online-Farmerspiele etc.: Autopilot aufs Ziel programmieren und 3 Tage später nachschauen wo man inzwischen ist...
Benutzeravatar
Chromanoid
Moderator
Beiträge: 4256
Registriert: 16.10.2002, 19:39
Echter Name: Christian Kulenkampff
Wohnort: Lüneburg

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von Chromanoid »

edit: hatte deinen zweiten post noch nicht gelesen...

Viel wichtiger als Realismus finde ich Wahrhaftigkeit. Solange innerhalb deiner Spielwelt das Geschehen als glaubwürdig empfunden wird, reicht das natürlicher Weise völlig. Wann diese Wahrhaftigkeit empfunden wird, kommt natürlich sehr auf die Zielgruppe an. Astronauten haben da sicher eine ganz andere Vorstellung als Firefly-Fans. Ich denke du musst einfach an der Beweglichkeit des Raumschiffs (Geschwindigkeit etc.) und an den Entfernungen schrauben bis es passt. Aber das hast du ja selbst auch schon erkannt :D.

Wenn du eher ein "realistisch" empfundenes Spiel produzieren willst, wären wohl die Reisegeschwindigkeit und generell die Reisemöglichkeiten eine gute Variante das Spielgeschehen zu beschleunigen ohne die Weite des Raums und das Gefühl des Verlorenseins in den weiten des Alls einzubüßen. Vielleicht würde die Verlagerung des Spielgeschehens in die Nähe von zivilisierten Gebieten mit vielen Raumschiffen und "städtischem Flugverkehr" ebenfalls helfen.

In sehr vielen Fiktionen gibt es ja zum Einen Raumtore/Wurmlöcher/"Weltraumautobahnen" (meist gebunden an Raumstationen und andere Einrichtungen) und zum Anderen Möglichkeiten zum autonomen Raumssprung/Warpantrieb/Überlichtgeschwindigkeitsflug (meist mit einer gewissen Vorbereitungszeit verbunden). Beide Formen überbrücken allzu lange Reisezeiten und führen i.d.R. von einem "Point of Interest" zum nächsten - aber nur ungefähr so dass ein gewisser Kurzstreckenflug trotzdem nötig ist. Beide Varianten eignen sich im Gegensatz zur beschleunigten Zeit gut für Multiplayerspiele. Diese Reisemöglichkeiten sind schon so etabliert, dass viele sie als wahrhaftig empfinden werden. Als Reisender hat man so ein zweistufiges Transportsystem zur Verfügung: den Langstreckenflug zur Überbrückung von langweiligen Zonen und den Kurzstreckenflug für Gefechte und Erkundungstouren. Ich finde ein solches System immersiver als die Möglichkeit von außerhalb des Spiels die Zeit zu beeinflussen.

Achja hier noch ein interessanter Link mit sehr netten Informationen über Weltraum, SciFi & Co. http://www.projectrho.com/rocket/crossindex.php

Für dich sollte vor allem dass hier ganz interessant sein:
http://www.projectrho.com/rocket/slowerlight.php
http://www.projectrho.com/rocket/fasterlight.php <- Dort gibt es einen Abschnitt über "Jump Points":
The Alderson Drive or "jump point" drive has been used in many SF starship combat games, for the same reason Niven and Pournelle used it: unlike most other FTL [Faster than light drives], it allows the possibility of interstellar battles. Most other FTL is a "fly anywhere" kind of propulsion, which generally does not allow battles to occur except by mutual consent. Often a planet cannot even detect an enemy invasion fleet until it suddenly pops out of hyperspace. Interstellar wars only last long enough for your hyperspace bombers to fly to the enemy's planets, then a brief emergence to spit out a hellburner, a planet-wrecker nuclear bomb, a planet-sterilizing torch warhead, a planet-cracker antimatter warhead, or a planet-buster neutronium-antimatter warhead. Then they fly home, only to discover that the enemy's bombers were on a similar mission. Go to The Tough Guide to the Known Galaxy and read the entry "SLAG"
These start-anyway go-anywhere drives play merry Hell with concepts like 'distance', 'remoteness', 'proximity', 'adjacency', 'line of communication', 'border', and 'defence', while reinforcing such concepts as 'trade', 'concentration of force', and 'first strike'. Give me a setting in which the map still matters.
pUnkOuter
Establishment
Beiträge: 303
Registriert: 15.04.2002, 15:59

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von pUnkOuter »

In Star Wars funktionieren Hyperraum-Antriebe ja nur abseits von starken Gravitationsfeldern, welche auch mit technologischen Mitteln erzeugt werden können (Interdictor Star Destroyers können das z.B.). Mit dieser Einschränkung sollten eigentlich auch die oben erwähnten "fly anywhere" Antriebe möglich sein.

Ich denke, das im OP angesprochene Problem ist DER Knackpunkt von Spacegames. Der weite Raum muss irgendwie glaubwürdig rüberkommen, aber trotzdem darf es nicht langweilig werden. In X3 gibt es z.B. den Zeitraffer für Flüge innerhalb einer "Zone", doch selbst auf maximaler Beschleunigung dauerte mir das teilweise noch zu lange. Die technische Apparatur um aus der Ferne zu docken fand ich dann einfach nur doof.

Ein weiteres Problem ist das Gefühl von Geschwindigkeit, welches ohne Vergleichsbasis natürlich sehr schwer zu erzeugen ist.

Das Problem mit den Planeten ist von mir aus gesehen nicht befriedigend lösbar. Mittlerweile habe ich mich aber damit abgefunden, dass eine Planetenlandung auch gar nicht so wichtig ist, denn was will man schon da als Spacer? Handelstreibende Zivilisationen werden sowieso aus Bequemlichkeitsgründen im Orbit Stationen errichten. Ausserdem sind die meisten Planeten gar nicht "belandbar", weil eine (auch für Raumschiffe) unfreundliche Atmosphäre oder Oberfläche vorherrscht. Die wenigen wirklich bewohnbaren Planeten wären wohl so wertvoll und darum militärisch so gut geschützt, dass sie auf keinen Fall irgendwelchen dahergelaufenen Piloten eine freie Landung erlauben würden.

Ich möchte selbst mal etwas mit Trägheit experimentieren. In den meisten Space-Games bewegen sich die Schiffe ja wie Düsenjäger, obwohl im Weltraum keine Atmosphäre herrscht, die solche Manöver erlauben würde. Vielleicht wäre es ganz witzig, wenn das ganze etwas träger ausfallen würde.
Ein Zeiger ins Blaue ist wie ein Wegweiser nach <SEGFAULT>. Wenn du denkst, mein Name hat was mit abgefuckter Kleidung und bunten Haaren zu tun, dann kehr besser um.
Benutzeravatar
Chromanoid
Moderator
Beiträge: 4256
Registriert: 16.10.2002, 19:39
Echter Name: Christian Kulenkampff
Wohnort: Lüneburg

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von Chromanoid »

Für mich ist sowieso fraglich ob man in einer Zukunft der Raumfahrt selbstständig steuern muss/kann/braucht... Wahrscheinlich würde es eher auf eine Kombination aus Routenplaner und Lokführer hinauslaufen.
Benutzeravatar
Krishty
Establishment
Beiträge: 8238
Registriert: 26.02.2009, 11:18
Benutzertext: state is the enemy
Kontaktdaten:

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von Krishty »

Ui, über diesem Thema grüble ich auch schon lange.
joeydee hat geschrieben:Ein Beispiel:
Du hast darin das Wichtigste vergessen – Geschwindigkeit ist wumpe; es geht alles nur um Beschleunigung. Um auf Mach 25 zu kommen brauchst du schon eine irrsinnige Beschleunigungskraft, und die darf die Insassen nicht zerquetschen; dadurch dauert das Ganze noch länger. (Ich habe mal ausgerechnet, dass ein Massebeschleuniger mehrere hundert Kilometer lang sein müsste um ein Raumschiff auf die Fluchtgeschwindigkeit der Erde zu bringen ohne 9 g zu überschreiten – und das würde dann Minuten dauern.)

Was diese enormen Distanzen dann angeht, bin ich völlig ratlos. Ich persönlich scheitere schon an viel kleineren: 20 km Laufen geht noch, das kann ich mir vorstellen; darüber geht dann aber nichts mehr. 50 km? Ich kann ausrechnen, wie viele Jammer-Threads das aneinandergereiht wären (Antwort: nicht sehr viele), oder wie viele Stunden ich bräuchte um die Entfernung staubfrei zu wischen und, und, und. Aber wirklich begreifen kann ich selbst diese Popeldistanz nicht mehr. Ich kann mir ihrer einfach nicht bewusst werden. Was soll ich dann erst mit der Distanz Erde-Mond, Mond-Sonne, Sonne-Alpha Centauri, ….

Im freien Raum kommt als weitere Erschwernis hinzu, dass die Menschen in einer Blase leben. Egal, was sie tun – die nächste Barriere zwischen ihnen und der Leere ist immer nur wenige Zentimeter, höchstens ein paar Meter entfernt. Am schlimmsten ist das in Raumanzügen, wo es nur Millimeter in jeder Richtung sind. Und dahinter wartet dann die unbegreifliche, unerreichbare Unendlichkeit in einem stärkeren Kontrast als tausend Sonnen, die die schwarze Nacht fluten. Ich will mir nicht vorstellen, was mit mir da oben passieren würde – meine Seele würde wohl schlicht zerreißen.
joeydee hat geschrieben:Belichtung (Gruß an Krishty )
Ja, danke :) Da bin ich immernoch skeptisch … ich habe in meinen Beleuchtungsmodellen erste Geometrie im Raum schweben, und es ist fantastisch, wie ein paar cd÷m² Leuchtkraft das Weltall überstrahlen. Da ist dann einfach nur eine Matte Fläche. Keine Tiefe, kein Inhalt. Nichts. Und rotiert man ein paar Grad weiter, dass die Schatten das Bild zurückerobern, formen sich langsam wieder Sterne. Glaubt man den Astronauten, kann man die dann in einer Klarheit und Dichte sehen, dass es meiner Demo die Kacke aus dem Hintern blasen würde. Ich denke durchaus, dass wir mit HDR-HD-Ambient-3D-Bildschirmen in ein paar Jahrzehnten Bilder erzeugen können, die an das reale Erlebnis zwar längst nicht heranreichen, aber alles bis dato dagewesene wegpusten.
Chromanoid hat geschrieben:Viel wichtiger als Realismus finde ich Wahrhaftigkeit.
Da gehe ich konform. Selbst, wenn sich dein Spiel um Alien-Magier dreht ist das für mich kein objektives Minus, so lange die Spielwelt in sich konsistent ist. Wenn einer zaubern kann: cool, gehört zur Geschichte. Wenn aber Brücken in der Luft rumschweben weil ein Designer nicht fertig geworden ist oder sich Viecher nicht nachvollziehbar bewegen und man das mit offensichtlich aus den Fingern gesaugtem Kram zu begründen versucht, ist Schluss.

Ich persönlich tendiere mittlerweile nur noch dazu, das Unbegreifliche durch sehr starke und abstrakte Metaphern zu artikulieren. Dieser Sensualismus hilft dir bei deinem speziellen Problem zwar jetzt nicht weiter, aber: Es ist imo egal, ob du eine hochrealistische Weltallsimulation gesehen hast oder eine herumschwirrende Plastiktüte im Herbstwind, so lange es nur den emotionalen Nachgeschmack hinterlässt, den der Autor vermitteln wollte.

pUnkOuter hat geschrieben:Ich möchte selbst mal etwas mit Trägheit experimentieren. In den meisten Space-Games bewegen sich die Schiffe ja wie Düsenjäger, obwohl im Weltraum keine Atmosphäre herrscht, die solche Manöver erlauben würde. Vielleicht wäre es ganz witzig, wenn das ganze etwas träger ausfallen würde.
Haben wir hier schon
seziert Ace Combat, Driver, und S.T.A.L.K.E.R.   —   rendert Sterne
kristof
Beiträge: 91
Registriert: 19.01.2009, 13:05

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von kristof »

Interessant zu wissen wäre noch worum es dir bei einer Space Sim eigentlich im wesentlichen geht. Ist es die bekannte Spielmechanik von anderen Weltraumspielen, sprich Handel zwischen Zivilisationen und politische und kriegerische Auseinandersetzung, oder geht es dir mehr um das Setting.
Sollte es vor allem das Setting sein, dann könnte man ja auch versuchen die Spielmechanik daran anzupassen. Die Frage ist also, ob der Spieler wirklich immer zum Kapitän eines Weltraumkreuzers gemacht werden muss. Vielleicht schafft man es ja auch eine spannende Geschichte an Bord eines Raumschiffes zu erzählen ohne, dass der Spieler ans Steuer gelassen wird.
Aber vermutlich geht es dir mehr um die Simulation ganzer Sternsysteme. Dann würde es ja wenig Sinn machen das Spielgeschehen auf eine kleine Nussschale zu beschränken.
Auf jeden Fall halte ich das auch für ein sehr spannendes Thema.

Gruß, Kristof
joeydee
Establishment
Beiträge: 1044
Registriert: 23.04.2003, 15:29
Kontaktdaten:

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von joeydee »

Danke schonmal für die rege Diskussion und die vielen Tips und Meinungen :-)
Wenn du eher ein "realistisch" empfundenes Spiel produzieren willst, wären wohl die Reisegeschwindigkeit und generell die Reisemöglichkeiten eine gute Variante das Spielgeschehen zu beschleunigen ohne die Weite des Raums und das Gefühl des Verlorenseins in den weiten des Alls einzubüßen. Vielleicht würde die Verlagerung des Spielgeschehens in die Nähe von zivilisierten Gebieten mit vielen Raumschiffen und "städtischem Flugverkehr" ebenfalls helfen.
Ja, so denke ich mir das auch. Kontrast zwischen endloser Weite und hektischen Schmelztigeln, die man allerdings ohne allzu langwierige Prozeduren besuchen kann.

Mehrstufige Transportsysteme sind wohl unumgänglich, darauf basierend vielleicht auch: Man kann zwar mit einem 1-Mann-Jäger von ISS-Höhe (und von weiter weg) zur Oberfläche fliegen, ist aber tatsächlich ziemlich lange unterwegs. Mann kann auch das Schiff wechseln / Fähre nehmen / Huckepack-Lotsenbot aufschnallen / installiertes System starten o.ä., was dann viel schneller ist, aber weniger frei (z.B. Ziel muss vorher bekannt sein, Raumkampf unmöglich).
Wurmlöcher o.ä. wären dann was für interstellare Reisen, weniger im Planetenorbit selbst. Das wird bei mir ganz sicher genauso klassisch gelöst wie überall. Niemand will zum Mars geschweige denn zu Alpha Centauri mit dem Auto fahren, aber die 4mm "um die Ecke" von der ISS mal schnell zur Oberfläche Zigaretten holen schon eher. Also mir gehts wirklich erstmal nur um die lokalen Reiseziele.
Mittlerweile habe ich mich aber damit abgefunden, dass eine Planetenlandung auch gar nicht so wichtig ist, denn was will man schon da als Spacer?
Es stimmt, die Atmosphäre stellt immer eine spezielle, jedesmal andere Herausforderung an die Technik dar (Reibungshitze, Druck, Chemie, funktionierende Antriebe, passende Sensoren (optisch, infrarot, Radar,...)) - und genau: was will man da außer Landschaft gucken (die dann ja doch im ganzen Universum selbstähnlich aussieht wenn man nicht gerade die genialste Uberterrainengine entwickelt)? Aber es gibt Monde ohne Atmosphäre mit Rohstoffen, irgendwer wird dort Anlagen bauen. Und da kommt es nur auf den Spielinhalt an ob ein Besuch dort wichtig ist oder nicht - ich würde wenigstens die Möglichkeit gerne einbauen.
Ich möchte selbst mal etwas mit Trägheit experimentieren.
Es gab auch mal irgendwas, wo man seine aktuelle Bewegung als "Staubstreifen" angezeigt bekam - wenn man also stillstehen wollte, musste man sich so drehen dass sie auf einen zukommen, und dann bremsen bis sie kürzer wurden und verschwanden. Kam nicht so gut an ;-) Ich will mich auch eher auf das zu Erlebende konzentrieren, die Steuerung bekommt daher eine Intelligenz, um die Eigenbewegung (in Relation zum aktuellen Fixpunkt, also z.B. Station, Planet,...) selbst festzustellen und entsprechende Steuerdüsen zu zünden ohne dass der Spieler etwas davon mitbekommt. Da man deren Verhalten stufenlos festlegen kann, lässt sich eine angenehme intuitive "Flugzeug"-Steuerung realisieren, die aber trotzdem etwas driftet und das Gefühl vermittelt dass da nichts ist was einen bremst... getestet und zumindest für mich als gut empfunden, sowohl beim Selbstfliegen als auch beim Zuschauen.
es geht alles nur um Beschleunigung
Da man sie auf dem Schreibtischstuhl nicht spürt, darfs auch gerne mal etwas mehr als 9g sein ;-) ich glaube da kann man gerne Abstriche an die Realität machen, das erwartet auch irgendwie jeder dass man bei so viel Platz mal ordentlich Gas geben kann. Wahrhaftigkeit, Immersion, Erlebnis, Eye-Candy, Plastiktüten - genau darum geht es mir :-) ob ich's hinbekomme steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt ^^
Interessant zu wissen wäre noch worum es dir bei einer Space Sim eigentlich im wesentlichen geht.
Konkret: um ein Framework für eine in sich konsistente Umgebung, um einen fiktiven Planeten mit eventuellen Monden und Asteroiden, Raumstationen und anderen Anlagen/Einrichtungen über, auf oder unter den Oberflächen aus Egoperspektive nahtlos besuchen zu können. Das ist die "Map". Reisen zu anderen Planeten im selben System oder zu anderen Systemen wären ein Wechsel der Map, kaschiert durch einen der oben genannten "Anywhere"-Antriebe.
Was genau in einer Map geschieht steht generell nicht fest, prinzipiell kann das alles sein, eine konkrete Spielidee/Story ist zur Zeit nicht in Arbeit. Ja, man könnte dort auch eine komplette Indoor-Story platzieren - ich sehe darin ebenso einen Reiz wie du :-)
Auf jeden Fall aber soll es möglich sein die Map relativ frei zu erkunden (mit welchen Hilfsmitteln auch immer), die Größe des Ganzen wenigstens erahnbar werden, ohne aber im Detail nervtötend zu sein.
Ich persönlich habe gerade meinen Spaß daran, meine "Engine" in dieser Richtung weiterzuentwickeln, auch z.B. im Bezug auf eine in dieser Umgebung funktionierende KI mit relativ vielen Teilnehmern. Realistisches Rendern steht zur Zeit dagegen völlig im Hintergrund.
Alexander Kornrumpf
Moderator
Beiträge: 2112
Registriert: 25.02.2009, 13:37

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von Alexander Kornrumpf »

Wie heißt das?

Space is away just a few hours in your car. Provided it could go straight upwards.
joeydee
Establishment
Beiträge: 1044
Registriert: 23.04.2003, 15:29
Kontaktdaten:

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von joeydee »

Alexander Kornrumpf hat geschrieben:Space is away just a few hours in your car.
Jaja, das Ausland ist auch nicht weit weg - von Saarbrücken zur französischen Grenze jedenfalls. Nach Australien gestaltet es sich dann doch etwas langwieriger ;-)
Alexander Kornrumpf
Moderator
Beiträge: 2112
Registriert: 25.02.2009, 13:37

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von Alexander Kornrumpf »

joeydee hat geschrieben:
Alexander Kornrumpf hat geschrieben:Space is away just a few hours in your car.
Jaja, das Ausland ist auch nicht weit weg - von Saarbrücken zur französischen Grenze jedenfalls. Nach Australien gestaltet es sich dann doch etwas langwieriger ;-)
Ich weiß nicht was die Analogie mit dem Ausland jetzt soll, aber soviel ich weiß gibt es eine definierte Grenze zum Weltraum und die ist tatsächlich nur ein paar 100km weit weg. Und die Größenordnung ändert sich auch nicht, egal auf welchem Punkt der Erdoberfläche man sich befindet.
joeydee
Establishment
Beiträge: 1044
Registriert: 23.04.2003, 15:29
Kontaktdaten:

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von joeydee »

Die Analogie soll sagen, dass das Weltall zwar gleich nebenan beginnt (sagen wir mal bei 130km/h mit dem Auto in 30-45 Min. zur "Grenze" des Alls und in ca. 3h zur ISS). Aber allein schon andere "lokale" Ziele wie z.B. eine geostationäre Umlaufbahn oder der Mond, der ja untrennbar zur Erde gehört, sind zigfach weiter weg (11 Tage bzw. 4 Monate Nonstop-Autofahrt).

Will sagen: außer der Grenze selbst kann man leider nicht viel Interessantes mit dem Auto erreichen ;-)
Benutzeravatar
Schrompf
Moderator
Beiträge: 4854
Registriert: 25.02.2009, 23:44
Benutzertext: Lernt nur selten dazu
Echter Name: Thomas Ziegenhagen
Wohnort: Dresden
Kontaktdaten:

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von Schrompf »

Schade eigentlich. Ich wär sonst gern mal hingefahren...
Früher mal Dreamworlds. Früher mal Open Asset Import Library. Heutzutage nur noch so rumwursteln.
joeydee
Establishment
Beiträge: 1044
Registriert: 23.04.2003, 15:29
Kontaktdaten:

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von joeydee »

Schrompf hat geschrieben:Schade eigentlich. Ich wär sonst gern mal hingefahren...
Genau das versuche ich zu lösen - nämlich dass man "eben mal schnell hinfahren" kann ;-)

Hab mich jetzt mal für verschiedene zuschaltbare Antriebe entschieden. Mit etwas Technobabble, warum etwas im nahen Schwerefeld nicht geht, warum das eine oder andere eine gewisse Vorbereitungszeit braucht oder warum Waffen ab gewissen Geschwindigkeiten deaktiviert werden müssen, sollte man ein brauchbares Spielgefühl hinbekommen.
Benutzeravatar
Schrompf
Moderator
Beiträge: 4854
Registriert: 25.02.2009, 23:44
Benutzertext: Lernt nur selten dazu
Echter Name: Thomas Ziegenhagen
Wohnort: Dresden
Kontaktdaten:

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von Schrompf »

Eine gute Wahl, denke ich. Ich finde an Space Sims halt den Gedanken so toll, dass ich tatsächlich hinfliegen und nachschauen könnte. Aus der Entfernung wirkt es immer extrem faszinierend, was alles neues da drüben sein könnte. Leider begegnet man da drüben dann auch nur wieder dem selben prozeduralen Content, den man hier schon verlassen hat.
Früher mal Dreamworlds. Früher mal Open Asset Import Library. Heutzutage nur noch so rumwursteln.
joeydee
Establishment
Beiträge: 1044
Registriert: 23.04.2003, 15:29
Kontaktdaten:

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von joeydee »

Schrompf hat geschrieben:Leider begegnet man da drüben dann auch nur wieder dem selben prozeduralen Content, den man hier schon verlassen hat.
Ja, das habe ich auch schon vorher angesprochen. Das hängt hauptsächlich an der Selbstähnlichkeit der üblichen Algorithmen (zur Zeit ist wohl Ridged Perlin Noise "in") gegenüber dem uns vertrauten Variantenreichtum irdischer Landschaften. Zum Anderen auch daran, dass selbst irdische Landschaften (Wüste, Urwald,...) und erst recht andere Monde/Planeten in sich recht selbstähnlich sind - so kann z.B. ein beliebiges Mars- oder Mondfoto fast überall auf dem entsprechenden Himmelskörper geschossen worden sein. Wiedererkennung einer Gegend geht gegen null. Geht vielleicht besser, wenn man dort aufgewachsen ist, etwa so wie der Mensch Gesichter vertrauter Rassen (von Menschen wie Tieren) besser in Details unterscheiden kann, während Gesichter weniger vertrauter Rassen für ihn eher alle gleich aussehen.

Nun, mein Ziel ist es zur Zeit weniger, den nächsten Super-Terrain-Algorithmus zu entwickeln, sondern eher das restliche Framework für ein mögliches Spiel zu liefern - selbst dann wenn die Planeten erstmal nur glatte Kugeln sind.
Jaw
Beiträge: 54
Registriert: 14.07.2004, 01:00
Wohnort: Raum Düsseldorf

Re: Space Sim - wie real ist noch gut?

Beitrag von Jaw »

Ich stimme einfach mal mit ein, es soll sich gut anfühlen, nicht realistisch sein. Selbst Spiele mit realistischen Elementen sind da sehr selektiv mit. Ein Rennspiel hat vielleicht ein detailliertes Schadensmodell, aber Verletzungen des Fahrers kommen darin nicht vor. Bei einem Weltraumspiel stelle ich mir vielleicht gewisse Fragen der Möglichkeit und Plausibilität, aber ob die Insassen die Beschleunigung überleben würden habe ich mich noch nie gefragt. Ich behaupte sogar, viele Spieler könnten das nicht mal aus dem Handgelenk berechnen, wieviel g das ist, und die paar, die könnten, die machen sich wohl nicht die Mühe.

Ich kenne aus der KI den Spruch, es soll sich echt anfühlen, nicht echt sein. Man muss kein menschliches Gehirn simulieren um einen guten Computergegner zu haben, es reichen teils primitivste Algorithmen, so lange sie zu glaubwürdigen Ergebnissen führen.

Was ich für Langstreckenreisen kenne ist auch entweder eine Art Sprung der quasi "teleportiert", oder Hochgeschwindigkeitsantriebe, meist in Kombination mit einem Zeitraffermechanismus. Selbstverständlich gab es dann eine Art Stoppwirkung bei Feindkontakt, die einen wieder auf normale Manövergeschwindigkeit brachte. In anderen Fällen kamen Feindkontakte bei den Zwischenreisen einfach gar nicht vor, die Missionen spielten sich dann einfach an den Orten ab, bei denen man rumtourte und seine Ziele hatte.

Ich denke Realismus gehört so weit in Spiele, wie es zum Konzept gehört, wie es dem Gameplay dient und beherrschbar ist. Ich mag z.B. realistische Shooter wie Modern Warfare, weil mir das lieber ist als Plasma und Raketenwerfer. Aber ich würde es nicht mögen, die Waffe zerlegen zu müssen bei einer Ladehemmung oder mir nach jedem Treffer die Blutung stillen zu müssen. Die wirklich guten Spiele, bei denen Realismus Teil des Konzepts ist, haben eine ausgewählte Kombination aus realistischen und völlig unrealistischen Teilen. Bei Modern Warfare nehmen wir z.B. die Selbstheilung, wenn man eine Weile nicht getroffen wird. Dies ist zum Shooter Standard geworden, Medipacks sind fast verschwunden, es war beides absolut unrealistisch (oh ein Verbandskasten, ich bin sofort wieder rundum heil und intakt), aber es dient dem Gameplay und Spaß.

Und natürlch gibt es auch gute Spiele, die absolut nix mit Realismus haben, das meine ich damit, Realismus nur da, wo er zum Konzept gehört, wenn er dem Spielwert und dem individuellen Design dient. Jeder kennt doch mindestens ein Rollenspiel, bei dem der Charakter ca 20 Plattenrüstungen und Zweihandaxten tragen kann. Und wirklich niemand würde da doch Realismus wollen, oder? Dass man wesentlich langsamer wird, dass man nach 1 km erschöpft ist und 20 Min rasten muss, oder vielleicht eine Karawane aus Lastentieren mit sich navigieren muss.


Und auch was Überlegungen wie Geschwindigkeiten und Distanzen angeht. Ich rechne für mich im Kopf auch gerne mit Metern, Sekunden oder Km/h, aber im Endeffekt muss ich es auf Spielmaßstäbe übertragen. Für eine Spacesim (Topdown) müsste ich mich also fragen, wie groß ist die Auflösung in Pixel etwa, wie groß und detailliert sollen die Schiffe sein, wie dynamisch sollen die Gefechte sein, daraus ergeben sich Geschwindigkeiten eigentlich in Pixel pro Sekunde und nur manche Dinge sind plausibel und machbar. Zu große Schiffe passen nicht auf den Bildschirm, man könnte nur noch in Nahdistanz kämpfen, alles sonst wäre außerhalb der Anzeige. Zu klein kann man sie nicht identifizieren und anvisieren. Zu schnell wäre hektisch und willkürlich, langsam vielleicht öde und träge. Kann aber Absicht sein, wenn man eher eine Sternenkreuzersim macht als eine Jäger Action.

Ich mag z.B. Trägheit in Weltraumspielen. Die Kunst allerdings ist einmal, die ordentlich zu visualisieren, damit man ein optisches Feedback über seine tatsächliche Flugrichtung hat ,die ja nun nicht mehr der Ausrichtung des Schiffes entspricht, und dann wieder wird man oft eine automatische Kompensierung brauchen, die einen seitwärtstrend korrigiert, damit der Spieler nicht auf immer und ewig schräg driftet. Mit Ausnahme von Situationen, bei denen genau das als Manöver gewollt ist.

Ich kenne da nicht viele Spiele, aber ich kenne I-WAR und das hat mir in vielen Teilen gut gefallen. Da gab es Trägheit, einen Langstreckenantrieb mit Zeitrafferfunktion und Autopilot und Manöverdüsen, die die Flugrichtung korrigieren, was man auf Wunsch an und aus machen konnte. Weniger gefallen hat mir das Kampfsystem, dass vielleicht realistische Aspekte hatte, aber mir eher willkürlich als systematisch schien, ich war auf jeden Fall kaum zu gezielten Aktionen in der Lage und hab nur geballert bis der Feind weg war, ohne jetzt spezielle Manöver anstellen zu können. Ich war allerdings auch jünger und weniger erfahren mit solchen Feinheiten.

-JAW
Antworten