Cosmetics-Mechaniken in einem Free2Play-Spiel

Grafik, Musik, Sound, Spieledesign, Spielmechanik, Story Writing und sonstiger kreativer Kram, der nichts mit Programmieren zu tun hat.
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Schrompf
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Cosmetics-Mechaniken in einem Free2Play-Spiel

Beitrag von Schrompf »

Für das Wurmspiel denke ich gerade über die Spielmechanik nach, wie man im Spiel kosmetische Gegenstände bekommen kann. Zu diesem Zweck hatte ich ja als Währung die Doppelhelix-Fragmente eingebaut.

Ursprünglich wollte ich ermöglichen, dass man dann direkt mit einer festgelegten Anzahl davon gezielt ein Cosmetic kaufen kann. Nun fürchte ich, dass die Spielerin nach dem Erwerb eines interessanten Items aus jeder Kategorie gar kein Interesse mehr an weiteren Tokens hat. Wie könnte ich also die Mechanik designen, so dass es nie wirklich sinnlos wird, nach weiteren Tokens Ausschau zu halten? Es soll gleichzeitig aber aufrichtig bleiben. Die heutigen Mobile Games sind ja ne reine Wüste aus Glücksspielautomaten und Lootboxes geworden und kaum noch zu ertragen.

Mach ich mir zuviel Gedanken, wenn ich direktes Kaufen von Items für eine Sackgasse halte?

Eine Idee, inspiriert durch das alte RocketLeague-System, bevor sie Free2Play wurden:

- man kann mit Tokens aus einer Kategorie ein zufälliges Item kaufen, also z.B. einen Hut für 4 Tokens.
- Items haben Tiers, also Qualitätsstufen, und können mehrfach kommen
- man kann jeweils 3 gleiche Items zu einem zufälligen Item der nächsthöheren Stufe verschmelzen

Oder noch weniger kontrollierbar:
- jedes Token zahlt automatisch auf eine zufällige Kategorie ein, zum Beispiel "Hüte"
- beim xten Token einer Kategorie kriegt man automatisch ein zufälliges Item aus dieser Kategorie
- Rest wie oben

Dieser Ansatz ist dann doch schon verdammt lootboxig, der ist zu wenig kontrollierbar. Aber vielleicht habt ihr ja noch ne schicke Idee, wie ich ne gewisse Menge Kontrolle mit ner gewissen Menge Wiederholbarkeit kombinieren kann?

Bonus-Grübel: Monetarisierung. Bislang dachte ich, ich verkaufe einfach Zwanziger-Päckl von Tokens, quasi die Ausbeute von ~5h Spielzeit. Alle Werte frei erfunden und der Feineinstellung vorbehalten. Aber reicht das, wenn die Spieler echtes Geld ausgeben? Oder muss es da was Besonderes sein, was man für Geld bekommt? Zum Beispiel ein Bezugsschein für ein Item seiner Wahl? Oder ein Los für ein zufälliges Item der höchsten Qualitätsstufe? Dann wär's ja nur wieder eine andere Geschmacksrichtung von Lootbox.

Was denkt ihr?
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Chromanoid
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Re: Cosmetics-Mechaniken in einem Free2Play-Spiel

Beitrag von Chromanoid »

Ich finde ehrliche F2P Angebote besser. Battlefield Heroes war da ziemlich simpel, ich mochte das Spiel sehr. Zahlende Spieler konnten mit kleineren Zahlungen ein bisschen besser sein als normale Spieler. Dann gab's noch jede Menge Kosmetik. Ich glaube es gab keine Möglichkeit Währung ohne Echt-Geld zu erlangen. Zusätzlich hat man noch auf spielerischem Wege die eigene Figur verbessert.

Huh, da gibt's sogar was von der gdc: https://www.gdcvault.com/play/1014708/P ... ELD-HEROES

Der Vortragende stellt es so dar: bei Sport wie Mountain-Biking o.ä. ist es normal mit kleineren Zahlungen kleinere Vorteile erwirken zu können. Das habe ich bei dem Spiel genauso empfunden und fand es ok. Besser als Geld upfront zu bezahlen...
Alexander Kornrumpf
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Re: Cosmetics-Mechaniken in einem Free2Play-Spiel

Beitrag von Alexander Kornrumpf »

Schrompf hat geschrieben: 09.03.2023, 23:00 Es soll gleichzeitig aber aufrichtig bleiben. Die heutigen Mobile Games sind ja ne reine Wüste aus Glücksspielautomaten und Lootboxes geworden und kaum noch zu ertragen.
Es hat einen Grund, dass diese Spiele so sind, wie sie sind und der ist logischerweise, dass es funktioniert. Wenn du "aufrichtig" sein willst, musst du die Transaktionen vereinfachen. Klar machen was die Spielerin gibt und was sie bekommt. Eine ehrliche, freiwillige Transaktion. Echtes Geld direkt gegen Items tauschen, ohne Umweg über irgendwelche In-Game Währungen und ohne Zufallselemente. Rewarded Ads als "freie" Alternative dazu. Du willst wahrscheinlich den Umrechnungsfaktor zwischen rewarded ads und Echtgeld ungefähr da ansetzen, was du selbst für die ads bekommst (aka Marktpreise), das limitiert schon von alleine was man erreichen kann ohne eine Kreditkarte in die Hand zu nehmen.

Ich verstehe, dass du kein "pay 2 win" machen willst, aber ich denke nicht, dass das mit rein kosmetischen Items fliegen wird wenn das Spiel darunter nicht Fortnite oder TF2 ist (Disclaimer: Hörensagen, ich habe weder noch gespielt). Besonders dann nicht, wenn es noch slither.io gibt. Wenn du einmal Monetarisierungsmechaniken drin hast, bist du sowieso auf der dunklen Seite der Macht. Wenn du mehr als 2,50€ insgesamt verdienen willst, kannst du so "anständig" gar nicht sein, dass du Leute, die das völlig ablehnen (Lagnese ... gibt's auch hier im Forum) erreichst.

Die Leute die solche Spiele spielen verstehen sehr wohl, dass sie sich mit Geld einen Vorteil kaufen könnten und das ihre Mitspieler das tun. Du hast da innerhalb der Zielgruppe, und nur darauf kommt es an, keine Akzeptanzprobleme. Die selbsternannte "PC master race" soll mal die Füße still halten, es funktioniert auf dem PC genauso, egal wie sehr die Leute meckern, ihr Geld geben sie trotzdem her. Dazu auch, "fresh from the presses": https://www.youtube.com/watch?v=q_9Jh74nEaI.

Die Alternative ist halt, wie es in dem Video gesagt wird, ein Spiel zu machen, das so geil ist dass die Leute 30€ upfront raushauen und trotzdem so günstig produziert, dass es Geld verdient. Er hat in dem Video ein Beispiel das ich nicht kenne, aber die Überraschungserfolge der letzten Jahre, Hades und Disco Elysium waren von dieser Sorte. Hattest du ja selbst auch schonmal versucht und, no offense, yet here we are.

Um dann mit der Vorrede sozusagen von der anderen Seite auf deine Frage zurückzukommen.
Nun fürchte ich, dass die Spielerin nach dem Erwerb eines interessanten Items aus jeder Kategorie gar kein Interesse mehr an weiteren Tokens hat. Wie könnte ich also die Mechanik designen, so dass es nie wirklich sinnlos wird, nach weiteren Tokens Ausschau zu halten?
Ja. No shit. Live Ops ist Arbeit. Es gibt keine Gelddruckmaschine, die du einmal anwirfst und dann druckt sie von alleine weiter. Du brauchst in regelmäßigen Abständen neues Zeug, wofür die Spielerin Geld ausgeben kann und du brauchst, selbst wenn das Zeug kosmetisch ist, neue Gameplay-Mechaniken, an denen du das neue Zeug aufhängen kannst. Und da schließt sich dann der Kreis zum ersten Satz oben: Mach das mal zwei Jahre lang und dein Spiel sieht, selbst wenn du immer in bester Absicht handelst, aus wie ein Free 2 Play Spiel halt aussieht. So funktioniert das Business, tut mir ja auch leid.

Wenn ich ehrlich bin, sehe ich free 2 play bei dem Spielkonzept sowieso nicht, liegt aber vielleicht auch an fehlender Fantasie meinerseits. Wenn du das mehr als nur "for fun" machen willst und nicht jetzt schon einen Plan hast, wo die Content Updates der ersten 12 Monate nach Launch angedockt werden können, tu dir selbst einen Gefallen und bau stattdessen einen Paypal-"Spenden"-Button ein. Du wirst mehr damit verdienen für einen Bruchteil des Aufwands und dich über das bessere Karma freuen. (Disclaimer: Ich kann gar nicht "wirklich" in die Zukunft blicken, das ist natürlich nur eine Prognose)

[Full disclosure: Ich verdiene mein Geld mit Live Ops. Hier geäußerte Ansichten sind meine eigenen und nicht die meines Arbeitgebers.]
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Schrompf
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Re: Cosmetics-Mechaniken in einem Free2Play-Spiel

Beitrag von Schrompf »

Hm, das sind jetzt alles nicht direkt Design-Ideen. Ich mach das nebenbei, ich habe nicht vor, damit reich und berühmt zu werden. Das geht auch gar nicht, dazu ist der Hook nicht stark genug und das Design ist (absichtlich) nicht so predator-ig, wie es in diesem Markt sein müsste. Darauf hab ich auch gar keinen Bock. Wenn trotzdem was reinkommt - prima. Aber ich sehe das realistisch genug, dass ich damit nicht gegen Fortnite, Roblox und Freunde gewinnen werde.

Ein Spenden-Button ist ne schöne Idee, darauf bin ich gar nicht gekommen. Der hat wahrscheinlich ne ähnliche Ausbeute wie das Kaufen von Cosmetic Tokens. Aber über Steam könnte ich das auch einfach abhandeln und könnte den Spendern noch ein bissl InGame-Gedöns dafür geben. Wäre dann mehr ne Präsentationsfrage, dass man das Token-Paket als DevSupport anpreist und nicht als Fashion. Funktioniert bei DeepRockGalactic jedenfalls so.

Echte InGame-Vorteile kaufen... Hm. Naja. Wüsste nicht, wo ich da ansetzen sollte. Aber ich denk mal drüber nach.
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Alexander Kornrumpf
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Re: Cosmetics-Mechaniken in einem Free2Play-Spiel

Beitrag von Alexander Kornrumpf »

Schrompf hat geschrieben: 10.03.2023, 08:12 Hm, das sind jetzt alles nicht direkt Design-Ideen.
Das Grunddesign ist immer gleich. Du hast eine Token-Quelle. Wenn du willst, das die Token interessant bleiben brauchst du eine Token-Senke. Dann brauchst du eine zweite Senke wenn die erste voll ist (z. B. bessere Items) Oder du musst die erste Senke wieder freiräumen ( z. B. Items verschmelzen). Oder du machst die Senke größer (z. B. Lotterie). Also genau wie du es in deinem Eingangsbeitrag schon selbst geschrieben hast.

Rein mechanisch fallen mir jetzt nicht mehr Möglichkeiten ein. "Design" ist an der Stelle nur die Frage wie man das verpackt. Je besser aber die Verpackung, desto eher wirst du wahrscheinlich sagen das sei predatory. Denn die Verpackung verbirgt ja was wirklich vor sich geht.
Echte InGame-Vorteile kaufen... Hm. Naja. Wüsste nicht, wo ich da ansetzen sollte. Aber ich denk mal drüber nach.
Mein Argument ist halt, dass diese Spiele, selbst wenn man sich deiner Deutung anschließt, jedenfalls nicht nur predatory sind. Am Ende will der Spieler ein digitales Gut für sein Geld (egal mit wievielen Zwischenschritten) und das digitale Gut muss irgendeine Funktion (und sei es kosmetisch, aber die Grenzen hast du ja selbst schon erkannt) im Spiel haben. Ich denke das ist der Teil auf den du dich konzentrieren solltest, wenn du, in deinen eigenen Worten "aufrichtig" bleiben willst. Sorry dass ich dafür keine konkreten Ideen liefern konnte, ich glaube wie gesagt dass das Spielkonzept sich vielleicht aus genau dem Grund gar nicht soo gut für F2P eignet. Powerups und "Rollenspielelemente" gehen ansonsten natürlich immer. Also sowas wie "Schlange wächst mit einem Faktor 1.2 gegenüber dem normalen in den nächsten 5 Minuten".
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Chromanoid
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Re: Cosmetics-Mechaniken in einem Free2Play-Spiel

Beitrag von Chromanoid »

Ich finde es überhaupt nicht problematisch wenn "zahlende Pros" einen Vorteil gegenüber den "Casuals" haben. Wenn Du wirklich ein bisschen was verdienen willst, würde ich folgende Ansätze wählen:
* Freikaufbare Gebiete nur für zahlende Spieler, die Steam-Achievments enthalten (falls das erlaubt ist). Die können sich dann dort als exklusiver Club fühlen. Vielleicht auch noch einen Friend-Pass verteilen, der einem nicht zahlendem Spieler einmaligen Zutritt gewährt.
* Kaufbare genetische Verbesserungen, die sofort sichtbar sind und echte kleine Spielverbesserungen geben (schnellere Geschwindigkeit, Wurmlochnutzung o.Ä.)
* Unendliches Inventar für kosmetische Items: Als nicht zahlender Spieler kann man immer nur einen Hut haben. Wenn man einen neuen Hut findet, muss man sich entscheiden welchen man haben will. Als zahlender Spieler kann man einen Kleiderschrank voll haben und nach Laune den richtigen Hut aufsetzen.

Du könntest dann noch Patreon-Tier haben, die je nach Tier die o.g. Dinger automatisch haben. Dann ist klarer, dass es um die Finanzierung des Spiels geht.

Wenn Du Server betreiben musst, könnte man auch sowas wie "Coins" machen, die man in den Server stecken kann. Ein bisschen wie Reddit-Gold. Es gibt dann einen kosmetischen Effekt der eine Weile anhält und man darf vielleicht eine Serverweite Nachricht absetzen. Die kannst Du dann mittels GPT3 vielleicht automatisch moderieren und ansonsten auch einfach bei unangebrachten Nachrichten die Steamaccounts bannen. Das Geld kannst Du ja trotzdem einsacken.
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Re: Cosmetics-Mechaniken in einem Free2Play-Spiel

Beitrag von NytroX »

Du könntest natürlich auch beides machen:
Token, die man erspielen kann, und damit kann man dann eher Lootbox-ähnlich Sachen kaufen und weiß nicht genau was man bekommt.
Gleichzeitig kann man aber auch gezielt Items erwerben, wenn man echtes Geld ausgibt.

Damit ist es fair, wenn man was bezahlt aber man hat trotzdem das Ziel, Items zu erspielen und das hält die Spieler bei Laune.
Und die meisten werden dann auch beides tun - viel Sammeln und zum Teil auch kaufen.

Und dann kannst du natürlich noch so Sachen einbauen wie Item-Teile, die man bekommt und dann zu Items zusammen-craften kann, mehrere Tiers/"Item-Level", oder Tausch von 3:1 Items usw. Das macht es dann halt spannend, die Sachen zu sammeln - auch wenn man noch nicht genau weiß, auf welche Items es dann rausläuft.
Und wenn du dann noch verschiedene Tokens hast, wo man dann verschieden kombinieren kann (1 blau + 2 grün gibt ein Hut-Teil, 2 blau + 1 grün + 1 rot ergibt ein Schal-Teil, etc.) dann bekommst du da auch eine neue Dimension rein.

Oder wenn du beim Thema DNA bleiben willst könnte man beschädigte Stränge finden, die man dann über verschiedene Reperaturmöglichkeiten kombinieren kann. (Basenexcisionsreparatur, Nukleotidexcisionsreparatur, Homologe Rekombination, Polymerasen-Replikation).

Ist jetzt alles nix neues, aber vielleicht bringt dich das ja auf Ideen :-)
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