Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe ...-Redaktion,
mein Name ist Christian Kulenkampff ich bin Wirtschaftsinformatik-Student,
24 Jahre alt und beschäftige mich schon lange mit dem Thema Jugendschutz.
Ich schreibe Ihnen, weil mich wachsender Unmut bezügl. des
Jugendschutzes vor allem im Internet plagt. Insbesondere empfinde ich die
Untätigkeit der KJM (Kommission für Jugendmedienschutz der
Landesmedienanstalten) fast als Fahrlässigkeit. Obwohl schon ca. seit 1997
Mittel zur Verfügung stehen einen kompletten Jugendschutz im Internet bereit
zu stellen, ist mehr als zehn Jahre später immer noch keine staatlich
geförderte Infrastruktur für einen solchen Jugendschutz in Sicht.
Bereits 1997 begann das W3C (Gründer der Organisation gilt als Erfinder des
WWW) die sog. PICS (Platform for Internet Content Selection, siehe
http://www.w3.org/PICS/) zu entwickeln. Dies ist ein Standard zur
Bereitstellung von Inhaltsbewertungen für Internetseiten, um automatisches
Filtern von Webseiten zu ermöglichen. Mithilfe dieses Systems können
Inhaltsanbieter ihre Angebote kennzeichnen und so ein automatisches Filtern
ermöglichen. Eltern können mit dieser Plattform dann genau einstellen (bei
einem PICS konformen Browser/Router/Provider) was ihre Kinder sehen sollen
und was nicht. Mittlerweile wird bereits an einem verbesserten System
gearbeitet (
http://www.w3.org/RDF/), das neuere Technologien wie XML
benutzen soll.
Die ICRA (Internet Content Rating Association ->
http://www.fosi.org/icra/)
stellt Fragebogen bereit, um Inhaltsanbietern ein einfaches Bewerten ihrer
Inhalte zu ermöglichen und automatisch die sog. PICS-Label zur Einbindung in
Websites zu erstellen.
Wäre ein derartiges System staatlich anerkannt und würde die Nicht-Benutzung
strafrechtlich verfolgt werden, wäre ein guter Internet-Jugenschutz schon
lange Realität. Zuständig für eine solche Anerkennung ist die KJM
http://www.kjm-online.de/. Diese hat in "Modellversuchen" das Self-Labeling
durch die ICRA-Deutschland vorerst als Konzept auslaufen lassen.
Dennoch besteht eine Vereinbarung dieses meiner Meinung nach sehr
aussichtsreiche, vernünftige System weiter zu entwickeln.
Hierzu ein Zitat (
http://www.kjm-online.de/public/kjm/?show_1=87,56 unten)
"KJM, ICRA-Konsortium und FSM haben aber vereinbart, "ICRAdeutschland" als
Modul in Form einer Klassifizierungsschnittstelle für Jugendschutzprogramme
gemeinsam weiter zu entwickeln. Grundsätzlich favorisiert die KJM einen
Aufbau von Jugendschutzprogrammen, bei dem verschiedene Module, u.a.
schwarze und weiße Listen sowie eine Schnittstelle für die Anbieter zur
Selbstklassifizierung ihrer Inhalte, fest integriert und damit
vorinstalliert ist."
Leider hat diese Zusammenarbeit bisher keinen Standard hervorgebracht. Wie
kann es sein, dass staatliche Stellen den Jugendschutz im Internet scheinbar
ausbremsen und verhindern anstatt ihn durch Gelder zu fördern und sich für
eine vernünftige Lösung ein zu setzen? Der NRW-Jugendminister fordert laut
http://www.infosat.de/Meldungen/?msgID=53738 ebenfalls das Self-Labeling und
sieht in dieser Art Jugendschutz den einzig möglichen Weg.
Zitat aus dem Artikel:
"Die bisherige Strategie, Jugendschutzprogramme zu entwickeln, die
eigenständig den Inhalt eines Angebots erkennen und einer Altersgruppe
zuordnen können, ist fehlgeschlagen. Deshalb ist es längst überfällig, die
Anbieter in die Pflicht zu nehmen, ihre Angebote einzuschätzen oder von
einer unabhängigen Stelle einschätzen zu lassen. Laschet: "Nur auf einer
solchen Grundlage ist vernünftiger Jugendmedienschutz, der diesen Namen auch
verdient, im Internet möglich." "
Ich bin mir sicher, dass alle Anbieter dieser Pflicht mit Freuden nachgehen
würden, da sie so endlich ohne Angst Kinder zu schädigen Inhalte für
Erwachsene veröffentlichen könnten. Viele Anbieter setzen PICS Label bereits
ein und zeigen so ihr Bedürfnis nach einer Jugendschutz-Infrastruktur im
Internet. Unter anderem setzt die Seite "youporn.com" das Label von
http://www.rtalabel.org/ ein. Der Spielehersteller EA benutzt für das
Online-Spiel Battlefield Heroes (
http://www.battlefieldheroes.com) ein mit den ICRA
Tools generiertes PICS Label.
Ich persönlich habe langsam das Gefühl, dass hinter dem Ignorieren dieser
Anstrengungen durch die KJM mehr als nur Inkompetenz oder Bürokratie steckt.
Teure Filtersoftware wäre mit einem Self-Label-System nicht mehr unbedingt
nötig. Und die "Jugendschutz-Industrie" würde stark unter einem solchen
kostenfreien System leiden. Sicherlich könnte auch Investionsschutz einiger
deutscher Erotikanbieter für ihre Internetportale mit Altersverifikation
eine Rolle spielen.
Jugendschutz zu benutzen, um unliebsame Konkurrenz loszuwerden, ist in der
Erotikbranche übrigens Gang und Gebe.
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,15 ... 22,00.html
http://www.heise.de/newsticker/Gericht- ... dung/52033
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie etwas Licht in den
Internet-Jugendschutz-Dschungel bringen könnten und das Versagen (nach
meinem Verständnis) der KJM öffentlich machen könnten. Die KJM hat
schließlich (nach meinen Informationen) seit mehr als sechs Jahren die
Pflicht für Jugendschutz im Internet zu sorgen. In dieser Zeit hätte diese
Kommission sogar ein eigenes System entwickeln können anstatt ständig an
funktionierenden Jugendschutz-Verfahren rum zu mäkeln und bspw.
ausländischen Internetversandhändlern (vielleicht aufgrund von Lobbyismus
durch deutsche Internetversandhändler) zu drohen (
http://www.gamesonly.at/gamesonly_news/ ... sample.pdf ).
Vielen Dank,
Mit freundlichen Grüßen
Christian Kulenkampff